Bei der Planung unseres vierwöchigen Kapstadt-Aufenthalts kam auch die Frage auf, ob wir eine Township-Tour machen sollten. In den riesigen Wohnsiedlungen am Rande der Stadt lebt größtenteils die farbige Bevölkerung Kapstadts in einfachen Holz- und Wellblechhütten. Entstanden sind sie zur Zeit der Apartheid, als die Rassentrennung und Einteilung in Wohngebiete erfolgte. Sie gehören zu Kapstadt und somit wäre ein geführte Tour eigentlich ein Muss. Aber in der Gruppe durch ein Armenviertel laufen und gaffen, wollen wir das? Achtung, nicht auf eigene Faust in die Townships gehen; die Kriminalität ist teilweise sehr hoch.

Township Khayelitsha

Diese Entscheidung wird uns glücklicherweise nach unserer Ankunft in Kapstadt abgenommen. Barbara, die deutsche Betreiberin der Myoli Accommodation in der wir übernachten, engagiert sich ehrenamtlich für die Kinder im Township Khayelitsha, der zweitgrößten Township Kapstadts. 1,8 Mio Menschen sollen hier schätzungsweise leben, der Großteil davon Kinder und Jugendliche. Einigen von ihnen zu helfen, das hat sich Barbara zur Aufgabe gemacht. Dafür hat sie das Programm „Learning4Food“ ins Leben gerufen. Mit Stipendien werden die Kinder beim Lernen unterstützt. Dazu gehören die Arbeitsmaterialien, Schulgebühren und gesundes Essen, das einmal pro Woche in die Familien geliefert wird. Zusätzlich unternimmt der Myoli Verein mit den Kindern Ausflüge und es werden Feiern in Khayelitsha veranstaltet. Zu solch einer lädt uns Barbara ein.

Township Khayelitsha, Südafrika

Und so kommt es, dass wir mit Saft, Bananen, Melonen und kleinen Geschenken beladen nach Khayelitsha fahren, was übersetzt „Unsere neue Heimat“ bedeutet. Schon von der Autobahn aus sehen wir die provisorisch zusammengezimmerten Behausungen und mir wird zugegeben etwas flau im Magen. Sobald wir allerdings in die Township hineinfahren, lenken mich die vielen jubelnden und winkenden Kinder ab, die angerannt kommen und neben dem Auto herlaufen. Sie freuen sich auf ihre Mama Myoli und die Abwechslung die dieser Tag bringen wird. Wir laden die Autos aus und betreten einen bunten Holzverschlag. Innen sind Sitzbänke aufgestellt und die Wände sind mit bemalten Laken behangen.

Die Vorstellung beginnt mit einem Lied für Barbara und ihre Myoli Stiftung. „Thank you Myoli, Myoli for supporting us“ singen die Kids. Sie haben ein komplettes Programm auf die Beine gestellt, singen und tanzen mit viel Hingabe. Wahre Talente mit wunderschönen Stimmen kommen hier zum Vorschein. Währenddessen lassen sich die Kinder das mitgebrachte Essen schmecken. Urkunden für Stipendien werden verteilt, ein Junge darf sich auf eine neue Brille freuen und es wird ein neuer Wettbewerb angekündigt. Die Gewinner dürfen einen Tag im Vergnügungspark verbringen. Zum Schluss tanzen wir alle zusammen.

Im Anschluss gibt es im Freien ein kleines Sportfest mit Sackhüpfen und Eierlauf. Jeder der eine Station absolviert hat, bekommt einen Stern. Die Kinder haben sichtlich Spaß und sammeln eifrig ihre Punkte. Danach werden Wassereis und Geschenke verteilt. Die Freude über kleine Notizblöcke, Kugelschreiber und Gummibärchen ist riesig. Und wenn man vor einem kleinen Mädchen steht, das gerade bittere Tränen weint, weil es keinen Kugelschreiber bekommen hat, dann setzt das alles wieder ins Verhältnis. Was geht es uns doch gut! Auch unsere mitgebrachten 100 Luftballons reichen nicht, denn längst sind noch mehr Kinder dazugekommen.

Es war ein wundervoller Tag in Khayelitsha! Wir haben einen Teil echtes Kapstadt kennengelernt, sind eingetaucht, wie wir es in einer Führung nie gekonnt hätten und haben mitgenommen, dass Lebensfreude nicht vom Besitz abhängt. Vielen Dank liebe Barbara fürs Mitnehmen und dass du dich dieser kleinen Menschen annimmst. „Thank you Myoli, Myoli for supporting us!“ summend hänge ich auf der Rückfahrt meinen Gedanken nach.

Mädchen im Township Khayelitsha

Mehr über die Arbeit des Myoli Vereins könnt ihr hier erfahren.

Update Oktober 2019: Mittlerweile arbeiten Sven und ich ehrenamtlich für den Myoli e.V. Wenn ihr mehr Informationen wünscht oder bei einem Kapstadt-Besuch unsere Myoli-Kinder kennenlernen möchtet, könnt ihr mir gerne eine E-Mail an anja.lehmann@myoli-ev.de senden.

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